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Schießen im Verein | |||||||
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Schießen im Verein Eine explorative Untersuchung des legalen Besitzes und Umgangs mit Schußwaffen
Insbesondere aufgrund der sich im ersten Halbjahr der Untersuchung offenbarenden Schwierigkeiten der Forscher, einen Zugang in das für jedwede Form der Aufmerksamkeit 'von außen' hochgradig sensibilisierte Feld der Schützen zu finden, was einen gegenüber der ursprünglichen Planung erheblichen zeitlichen Mehraufwand erforderte, wurde von uns (über das Antragsdesign hinaus) die Untersuchung zur Klärung dieser Problematik ausgeweitet auf
Schützenvereine haben für die Schützen jedoch unterschiedliche Bedeutungen. 'Hobbyschützen' (die größte Gruppe unter den Schützen) pflegen zu ihren Vereinen ein lediglich zweckorientiertes Verhältnis. Ihr insgesamt gemäßigtes Engagement für ihr Hobby spiegelt sich auch in einem gemäßigten Engagement für den Verein wider: Über die mehr oder weniger regelmäßige Teilnahme an den Schießterminen hinaus wollen sie in die Aktivitäten des Vereins nicht involviert werden. Vereine sind für sie letztlich nur Mittel zum Zweck - zum Zweck nämlich, Waffen besitzen und mit ihnen umgehen zu dürfen. Eine weitere Gruppe, die 'Waffennarren', engagiert sich in ihrem Verein (bzw. in ihren Vereinen) hingegen deutlich mehr und identifiziert sich nicht selten mit ihm (bzw. ihnen). Die 'Waffennarren' halten die institutionelle Struktur sozusagen 'am Leben'. Durch ihr Engagement eignen ihnen umfangreiche rechtliche Kompetenzen, die sie zum Teil sehr geschickt einsetzen, um ihren Wunsch nach einer möglichst umfangreichen Ausgestaltung ihrer Aktivitäten hinsichtlich Waffen- und Munitionsarten sowie verschiedener Schießdisziplinen gegenüber den Behörden durchzusetzen. Auf die Handlungsmöglichkeiten der Schützen haben die zuständigen Behörden erheblichen Einfluss. Deren erklärtes Ziel, möglichst wenig privaten Waffenbesitz zuzulassen, trifft bei den Schützen auf Unverständnis. Für diese unverständlichen Absichten machen die Schützen allerdings nur die in den Ministerien agierenden Beamten - und mit ihnen die meisten Politiker - verantwortlich. Den zuständigen Behördenvertretern vor Ort begegnen die Schützen in der Regel mit Respekt, denn mit ihnen wollen sie gut auskommen, und mit ihnen wollen sie einen Arbeitskonsens schließen, der darauf hinausläuft, dass die zum Teil sehr lückenhaften und unklaren waffengesetzlichen Vorschriften im Zweifelsfall zu ihren Gunsten, in jedem Fall aber nicht gegen sie ausgelegt werden.
Dieser scheinbare Widerspruch löst sich schnell auf: Das Waffengesetz lässt genügend Freiraum für die Besitzer legaler Schusswaffen, denn es regelt lediglich das institutionalisierte, soziale Leben der Schützen; und genau dieses macht nur einen Teil ihrer Kultur aus. Vieles von dem, was den Alltag der Schützen darüber hinaus ausmacht, spielt sich im Privaten ab: zu Hause verwahren sie ihre Waffen, pflegen und putzen sie, bauen sie auseinander und wieder zusammen, erfreuen sich an ihrem Aussehen, sammeln und lesen Hintergrundberichte usw. Und aus welchem Grunde der einzelne Schütze 'eigentlich' seine Waffe(n) hat, und warum er damit schießt, ist seine Privatsache - die Kultur der Schützen schreibt ihren Mitgliedern diesbezüglich nichts vor. Wichtig ist den Schützen allerdings, dass der Einzelne in seiner 'privaten' Praxis des Umgangs mit Waffen dem Image des Schützenwesens keinen (weiteren) Schaden zufügt. Vor dem Hintergrund strikter Rekrutierungspraktiken und entsprechender Schließungsprozeduren vertraut man im Kreise der Schützen auf das, was als die Vernunft aller Mitglieder dieser Kultur betrachtet wird. Insbesondere vertrauen die Schützen darauf, dass (vermeintlich) 'heikle' Details nicht 'an die große Glocke' gehängt werden, denn ihr Misstrauen gegenüber Außenstehenden, solche Details absichtsvoll 'falsch' bzw. zu ihrem Nachteil auslegen zu wollen, ist groß.
Nun sehen sich die Schützen aber einer Öffentlichkeit gegenüber, die ihrer Ansicht nach kein Verständnis dafür hat, dass sie Schusswaffen ihr Eigentum nennen. Sie sehen sich einem ständigen Rechtfertigungsdruck ausgesetzt, von dem sie obendrein aus Erfahrung wissen, dass auch umfangreiche Imagekampagnen ihn nicht wirksam mindern können. Die einzig Erfolg versprechende Strategie im Hinblick auf die Bewahrung ihrer gefährdeten Kultur sehen die Schützen daher im permanenten Nachweis ihrer Seriosität - vor allem gegenüber den Behörden.
Laufzeit: 01.07.2000 bis 30.06.2002 Kontakt: Dr. Arne Niederbacher Niederbacher, Arne, 2004: Faszination Waffe. Eine Studie über Besitzer legaler Schusswaffen in der Bundesrepublik Deutschland. Neuried: ars una Niederbacher, Arne, 2004: Was fasziniert die Menschen an Waffen? In: UNIZET, Heft 9/ 10, Nr. 364: 3 Niederbacher, Arne, 2003: "Ich brauch ne Waffe..." Notizen über die Relevanzstrukturen von Besitzern legaler Schusswaffen in Deutschland. In: Jutta Allmendinger (Hg.): Entstaatlichung und soziale Sicherheit. Verhandlungen des 31. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Leipzig 2002. Beiträge aus Arbeitsgruppen, Sektionssitzungen und den Ad-hoc-Gruppen (CD-Rom Publikation). Opladen: Leske + Budrich Niederbacher, Arne, 2002: Faszination Waffe. In: Visier: Das internationale Waffen-Magazin, Heft 7: 23-25
Filme: 'Deutschland unter Waffen'. Ein Film von Lutz Hofmann (LOOKS Medienproduktionen Rostock). Erstausstrahlung: 30.06.2010, 23:30 Uhr, ARD, 45 min 'Faszination Waffe'. Ein Film von Peter Schubert (Peresfilm München). Erstausstrahlung: 21.10.2002, 22:30 Uhr, SW 3, 45 min
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